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Les pommiers de l`Hermitage
    • Öl auf Leinwand
    • Bildmass: 65 x 100 cm
    • Inv.-Nr. 1086
    • Aargauer Kunsthaus Aarau / Legat Dr. Max Fretz
    • Die Sammlung des Aargauer Kunsthauses beherbergt zwei Werke des französischen Künstlers Paul Gauguin (1848–1903): Die beiden Legate "Sous-bois" (1885) von Dr. Othmar und Valerie Häuptli und "Les pommiers de l'Hermitage" von Dr. Max Fretz. Letzteres eröffnet den Betrachtenden eine sonnenbeschienene Landschaft, mit den im Titel erwähnten Apfelbäumen. Im rechten Bildmittelgrund lässt sich schwer erkennbar eine gebeugte Figur bei der Arbeit ausmachen, hinter der sich weitere Parzellen von Feldern ausdehnen. Der blaue, von wenigen Schönwetterwolken durchzogene Himmel unterstreicht die sommerliche Stimmung.

      Gauguin gibt mit 35 Jahren seinen Beruf als Bankbeamter und damit sein bürgerliches Leben auf, um sich fortan ausschliesslich der Malerei, Bildhauerei, Grafik und Keramik zu widmen. Bereits 1876 beginnt Gauguin, neben seiner beruflichen Tätigkeit zu malen, und er kann im gleichen Jahr ein Werk am Pariser Salon ausstellen. Gauguin, offen für unterschiedlichste künstlerische Strömungen, sucht nach eigenen Ausdrucksmöglichkeiten. In sich rasch ablösenden Phasen orientiert er sich an der Malweise von Künstlern wie Edouard Manet (1832–1883), Claude Monet (1840–1926), Edgar Degas (1834–1917) und Paul Cézanne (1839–1906). Anfangs stellt er sich ganz in die Tradition der Impressionisten und eignet sich deren Themen, ihre Technik und ihre helle Palette an. Insbesondere mit seinem Förderer Camille Pissarro (1830–1903) steht er in engem Austausch. In der Gemeinde Pontoise, wo sich der Künstler 1872 niederlässt, besucht ihn Gauguin bis 1882 regelmässig. Gauguin beschäftigt sich dort vornehmlich mit reinen Landschaften. Es entsteht eine Bildreihe, zu der neben dem Sammlungswerk zwei weitere, beinahe identische Fassungen mit dem gleichen Titel (beide 1879, Privatbesitz; Standort unbekannt) existieren. Naheliegend scheint, dass alle drei Versionen, die sich stilistisch stark an Pissarros Malweise ausrichten, aus dem gleichen Jahr stammen. Die Ähnlichkeit der Serie erklärt sich damit, dass Gauguin sich in erster Linie um die Aneignung der Technik seines Vorbildes bemüht. Das Motiv stammt offensichtlich aus Pontoise, denn auch Pissarro malt den blühenden Obstgarten des nahe gelegenen Weilers Hermitage mehrmals.

      Die erste Fassung, deren Aufbewahrungsort heute unbekannt ist, ist kleiner als die beiden nachfolgenden Darstellungen. An den beiden grösseren Gemälden scheint Gauguin gleichzeitig im Atelier gearbeitet zu haben; vielleicht infolge direkter Kritik Pissarros. Die Oberfläche weist eine klare Textur auf: Gauguin hält Himmel, Laubwerk und Gras mit Pinselstrichen von konstanter Gleichförmigkeit fest und betont damit die jeweiligen Formen. Eigene Wege schlägt Gauguin in der Behandlung der Schattenpartien ein, die in allen drei Varianten den Bildvordergrund dominieren. Die impressionistische Ästhetik spricht dem Schatten eine wichtige Rolle zu – nicht so sehr als Teil der tatsächlich wahrnehmbaren Welt, sondern als Raum für Farbexperimente. Dunkeln akademische Maler schattige Bereiche mithilfe von Schwarz ab, schockieren die Impressionisten mit der Beimischung von Blau, Rot oder Violett. Gauguin setzt sich im vorliegenden Werk mit diesen Farbspielen auseinander und erhebt den Schatten zu einem wichtigen Bildmotiv. Obwohl das Bild zu den bedeutendsten impressionistischen Werken Gauguins gezählt wird, kündigt sich in der Neigung zur betonten Lokalfarbe bereits die weitere Entwicklung zu seinem unverkennbaren persönlichen Stil an.

      Karoliina Elmer